Lösungen für eine Tierhaltung, die auch dem Klima gut bekommt, müssen dabei helfen, die hohe Konzentration vieler Tiere auf wenig Fläche zu verringern und die absolute Zahl der Tiere auf ein angemessenes Maß zu verkleinern. Um das zu erreichen, brauchen wir eine Flächenbindung und einen Emissionshandel mit tierischen Produkten.
Ist es dem Klima nicht egal, wo die Tiere stehen?
Die Tierhaltung in Deutschland ist sehr ungleich auf einige wenige Regionen verteilt. Wo viele Tiere gehalten werden, wird häufig zu viel stickstoffhaltige Gülle ausgebracht. Hohe Stickstoffkonzentrationen haben fatale Folgen für das Klima, die Biodiversität und die Boden- und Wasserqualität. Trotz einer Rüge des Europäischen Gerichtshofs hat sich daran seit Jahren wenig geändert.
Daher muss die Zahl der Tiere an die Bereitstellung einer ausreichend großen Fläche gebunden werden. Ziel einer solchen Flächenbindung ist es, einen geschlossenen Nährstoffkreislauf herzustellen, in dem die Gülle zur Düngung der Futtermittelanbauflächen genutzt wird. Das verringert Futtermittelimporte und Gülleexporte und fördert extensive Weidewirtschaft, bei der das Vieh zwischen Weideflächen wechselt. So werden Flächen nicht überweidet, Kohlenstoffbindungen im Boden und nebenbei auch das Tierwohl gefördert. Das ist keineswegs Klimaromantik – im Ökolandbau sind solche Vorgaben Standard.
Durch eine Obergrenze von 1,5 Großvieheinheiten pro Hektar auf Landkreisebene ließen sich die Tierbestandszahlen deutschlandweit um circa 7 % senken — sofern sie sich nicht in Regionen mit derzeit geringer Viehdichte verlagern. Um dies auszuschließen, sollte ergänzend ein separater EU-Emissionshandel mit tierischen Produkten eingeführt werden.
Wie — noch ein Emissionshandel?!
Die Landwirtschafts-Emissionen sind noch nicht Teil eines Emissionshandelssystems. Dabei bietet ein neuer Emissionshandel für tierische Produkte eine Möglichkeit, die Tierbestandszahlen zielgenau und kosteneffizient zu senken. An die Verarbeitungsbetriebe für tierische Produkte (Molkereien, Schlachthöfe) würde eine bestimmte Zertifikatsmenge ausgegeben und damit indirekt der Zugang limitiert. Jedem tierischen Produkt (Fleisch, Butter etc.) würde eine spezifische Zertifikatsmenge zugewiesen. Dadurch könnte berücksichtigt werden, dass ein Kilo Rindfleisch in der Produktion zehn Mal so emissionsintensiv ist wie ein Kilo Geflügel.
Ersteigert ein Schlachthof beispielsweise 100 Zertifikate, könnte er mit den Landwirtschaftsbetrieben entweder Verträge über 100 Kilo Geflügel schließen oder über 10 Kilo Rindfleisch. Auch Importeure müssten Zertifikate erwerben, um eine Produktionsverlagerung zu vermeiden. Durch eine schrittweise Reduktion der Zertifikatsmenge ließe sich der Tierbestand auf ein klimaverträgliches Maß senken. Bio-Betriebe würden durch ein Extrakontingent gefördert. Große Mastbetriebe, deren Geschäftsmodell darauf beruht, möglichst viele Tiere auf engem Raum zu halten, könnten durch Stilllegungsprämien und Umstellungshilfen unterstützt werden.
Keine Angst vorm Schnitzelklau
Für den Klimaschutz ist es nicht notwendig, alle Tierbestände gleich stark zu reduzieren – oder gar die Tierhaltung abzuschaffen. Ohnehin stellen wir viel mehr Tierprodukte her als wir — selbst beim aktuell hohen Konsum — für die Eigenversorgung brauchen. Es geht also nicht darum, irgendjemandem das Schnitzel wegzunehmen, sondern die Tierhaltung auf ein nachhaltiges Maß zurückführen. Ja, die Preise für Tierprodukte würden durch die Einpreisung der Klimakosten steigen. 80 % der 15- bis 29-Jährigen wären jedoch bereit, für eine artgerechtere Haltung mehr Geld für Fleisch auszugeben. Nicht vergessen werden darf, dass Menschen mit geringem Einkommen Preissteigerungen besonders treffen, weil sie prozentual mehr Geld für Lebensmittel ausgeben. Die Einnahmen aus dem Emissionshandel sollten daher auch dafür eingesetzt werden, Sozialleistungssätze für Ernährung zu erhöhen und kostenloses Essen in Kitas und Schulen anzubieten.
Diesen Text und viele andere findest du auch im GermanZero-Magazin.