Kein Greenwashing schmutziger Technologien!

Die EU darf Kernenergie und Gas nicht als nachhaltig deklarieren

Mit ihrer geplanten Taxonomie fördert die EU Investitionen in schmutzige Technologien. Das Geld wird an anderer Stelle fehlen, wo es dringend benötigt wird: bei der Umstellung zu einer zukunftsfähigen, klimaneutralen Industrie und Infrastruktur.

Finanzwirtschaft Klimapolitik
07.01.2022
GermanZero

Die Dekarbonisierung der Industrie erfordert gewaltige Umstellungen. Für die dafür notwendigen Investitionen werden in der Regel Kredite aufgenommen. Ob man jemanden überzeugen kann, sein Geld für ein Projekt zu leihen und wie viel Zinsen dafür gezahlt werden müssen, beeinflusst bereits sehr früh, wo, wie schnell und in welche Richtung sich etwas verändert. Wenn kaum jemand mehr sein Geld hergibt, um nach Öl zu bohren, müssen die Ölbohrenden sehr viel mehr für ihre Kredite zahlen und sich in der Folge zweimal überlegen, ob das überhaupt eine gute Idee ist. Gleichzeitig wird eine Finanzblase vermieden, die zwangsläufig platzen wird. Denn fossile Energie hat keine Zukunft. Es ist daher besser, diese Anlagen früher als später abzuschreiben.

Man würde denken, dass ein Nachhaltigkeitslabel selbsterklärend ist. Die EU-Kommission ist da allerdings anderer Meinung. In ihrem kürzlich veröffentlichten Vorschlag einer Taxonomie Nachhaltiger Technologien werden Kernenergie und Gas-Infrastruktur mit aufgelistet. Damit läuft die Kommission Gefahr, dass in großem Umfang in Technologien investiert wird, die fundamental nicht nachhaltig sind.

So war das mit dem Kohleausstieg nicht gemeint

Wenn die gesamte Transportinfrastruktur mit einbezogen wird, erzeugt die Verbrennung von Erdgas ähnlich viel Treibhausgase wie die Kohleverstromung. Gaskraftwerke können zwar flexibler genutzt werden und werden auch in Zukunft eine Rolle in einem klimaneutralen Stromsystem spielen. Allerdings nur, wenn anstatt fossiler Brennstoffe grüner Wasserstoff verbrannt wird und so zeitliche Versorgungslücken anderer erneuerbarer Energiequellen ausgeglichen werden. Der Taxonomie-Vorschlag schränkt die Nutzung von Gas nicht auf diesen Fall ein und deklariert die fast uneingeschränkte Nutzung von Erdgas in den nächsten Jahren als hilfreich. Offensichtlicher kann Greenwashing kaum sein.

Schmutzige Kernenergie

Auch der Nuklearenergie drückt die EU-Kommission im vorliegenden Entwurf einen grünen Stempel auf. Sie spezifiziert, dass bis zum Jahr 2050 ein Konzept vorliegen muss, wie mit dem radioaktiven Müll verfahren wird, der bei der Kernspaltung entsteht. Das geschieht in dem Wissen, dass Atomkraftwerke Schadstoffe produzieren, die in den nächsten hunderttausend Jahren Schaden anrichten können. Die befremdliche Logik der EU-Kommission: Das sei durchaus vertretbar, wenn in den nächsten 28 Jahren eine Lösung auf den Tisch kommt, wie dieses gigantische Problem gelöst werden kann.

Die EU-Kommission wird – basierend auf dem Feedback der Regierungen der Mitgliedsstaaten – in den nächsten Wochen einen finalen Vorschlag formulieren, über den dann der Europäische Rat und das Europäische Parlament abstimmen. Die Position von German Zero ist klar: Solange Nuklearenergie und Gasinfrastruktur im Vorschlag enthalten sind, hat die Taxonomie keinerlei Glaubwürdigkeit. Die Bundesregierung unter Olaf Scholz, der für sich in Anspruch nimmt, Klimakanzler zu sein, sollte sich daher klar gegen den Entwurf positionieren.